„Über Geld spricht man nicht, Geld hat man.“ Ich finde, gerade wenn man nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung hat, sollte man darüber sprechen. Wenn ich im Bekanntenkreis von meinen Reisen berichte oder auch in den Gesprächsrunden nach meinen Vorträgen ist stets eine der ersten Fragen „Du musst ja einen Haufen Geld haben – Was kostet denn solch eine Tour?“
Diese Frage möchte ich heute offen und ehrlich beantworten. Aber nicht nur diese. Rund um eine Reise gibt es etliche Zahlen, Daten und Fakten (Z.D.F.), die interessant, spannend und für Nachahmer durchaus hilfreich sind.
Die meisten Biker haben konkrete Vorstellungen von Traumzielen und der Art des Reisens (z.B. Offroad-Touren, mehrmonatige Touren mit viel Gepäck, Mitnahme einer Sozia oder gar eines Kindes oder Hundes im Beiwagen – auch das gibt’s!) und suchen nach diesen Kriterien das für ihre Zwecke passende Gefährt aus – eine ‚Vernunftehe‘ sozusagen.
Zwischen mir und meiner ‚LADY‘ war es definitiv eine ‚Liebesheirat‘ – Diese oder Keine! Ich habe mich, wie einige von Euch schon aus meinen Vorträgen wissen, während einer meiner Nepal-Reisen in dieses Motorrad verliebt und nur dafür nochmal das Fahren gelernt. Entsprechend naiv und unbedarft startete ich zu den ersten Touren und merkte schnell, was geht und was nicht.
Meine Lady (RE Classic 500) fühlt sich mit ihren 27 PS am wohlsten, wenn die Tachonadel geradeaus zeigt. Das sind 80 kmh. Sie schafft auch mal bergab und mit Rückenwind bei reichlich Anlauf 120 kmh, aber da fangen wir beide schon an zu zittern. Das bedeutet, dass unsere Reisegeschwindigkeit im Vergleich zu den echten Tourenmaschinen sehr entschleunigt ist. Da ich auf nepalesischen Buckelpisten und im chaotischen Stadtverkehr von Kathmandu das Fahren gelernt habe, gehe ich ganz beherzt mit steilen Auf- oder Abfahrten und auch mit Schotter- oder Steinpisten um. Ich denke behaupten zu können, dass ich diesbezüglich recht gut fahren kann. Was nicht so mein Ding ist, sind schnelle Kurven. Dazu kommt noch meine Höhenangst. Da kann es auch schon mal passieren, dass ich bei Serpentinen über Bergpässe an den Rand fahre und die Fahrzeuge hinter mir vorbeilasse, um dann mit meiner eigenen Wohlfühlgeschwindigkeit dahinzutuckern.
Als ich im albanischen Nirgendwo auf eine Gruppe Enduro-Fahrer aus Ungarn traf und ihnen erzählte, welchen Weg ich gekommen bin, schauten sie mich an wie einen Geist. „Mit dieser Maschine? Mit diesen Reifen? Du ganz alleine?“ Sie staunten, dass ich überhaupt so weit gekommen war und legten mir eindringlich nahe, wieder umzukehren, da selbst sie noch unsicher waren, ob ihre kraftvollen Maschinen mit den dicken Stollenreifen der Strecke gewachsen sind.
Warum erzähle ich Euch das so ausführlich? So wie wir Menschen ganz unterschiedlich sind, so ist das bei Motorrädern nicht anders. Man kann auch keine Äpfel mit Birnen vergleichen. Jeder muss seinen eigenen Fahr- und Reisestil finden. Man kann sich zwar an anderen orientieren, sollte sich aber definitiv nicht mit anderen vergleichen. Das führt nur zu Unsicherheit und Unzufriedenheit.
Ich habe lange genug in Nepal in bescheidenen Verhältnissen gelebt, um gut und vor allem gerne während meiner Motorradtouren auf so manches verzichten zu können. Ein sauberes Bett und eine Duschmöglichkeit reichen mir völlig. Worauf ich allerdings nicht verzichten möchte, ist eine gewisse Privatsphäre. Natürlich nutze ich auch gern mal ein kostenloses Übernachtungsangebot über ‚Free beds for biker‘. Aber je länger ich unterwegs bin, desto wichtiger ist es mir, mich, ohne die Gastfreundschaft zu verletzen, zurückziehen zu können. Meine Tour-Tage sind sehr intensiv, gefüllt mit unzähligen Eindrücken, Begegnungen und Erlebnissen, die alle mental verarbeitet werden wollen. Dazu kommt auch eine mehr oder weniger ausgeprägte körperliche Erschöpfung, ganz besonders bei längeren Hitze- oder Regenfahrten. Da brauch ich einfach eine gewisse Ruhe, damit ich am nächsten Tag wieder erholt in den Sattel steigen kann.
Ich bevorzuge stets kleine private Unterkünfte. Da bekommt man viel vom Alltag der Menschen mit, wohnt in authentischen Räumlichkeiten anstatt in anonymen Hotels und kommt auch schnell mit der Nachbarschaft ins Gespräch. Bei der diesjährigen Tour habe ich lediglich dreimal in einem Hotel geschlafen: einmal aus praktischen Gründen bei der Anreise, einmal aus Versehen und einmal ganz bewusst, weil das Hotel in solch traumhaft schöner Natur abseits jeglichen Verkehrs lag.
Meine ganz persönlichen Highlights:
- Ein kleines Häuschen in Bosnien mit Blick zur Sonnenpyramide (15,- €)
- Ein Gästezimmer mit riesiger Terrasse direkt an der Bucht von Kotor. Ich brauchte nur die Straße überqueren und eine Treppe hinunter und war gleich an einer kleinen gemütlichen Badestelle (32,- €)
- Ein Gästezimmer in der denkmalgeschützten Altstadt von Berat (Stadt der 1000 Fenster), eins davon war meins. (23,- €)
- Das Beste zum Schluss – eine urige Berghütte im Durmitor-Nationalpark mit traumhafter Kulisse inmitten wilder Natur (32,- €) Danke an Thomas und Sandra für den Tipp!
Essenstechnisch orientiere ich mich stets an den regionalen Angeboten, kaufe Obst und Gemüse am Straßenrand und lokale Köstlichkeiten im örtlichen ‚Supermarket‘. Während des Tages esse ich relativ wenig, habe immer Nüsse dabei. Die bringen Energie und machen den Magen nicht so voll. Dafür habe ich dann am Abend nach der erfrischenden Dusche üppig geschlemmt. In den privaten Unterkünften bekam ich ganz oft leckere Kostproben von den Gastgebern, was mir nochmal einen ganz besonderen Genuss und Eindruck der regionalen Küche verschafft hat. Wenige Male war ich auch in einem traditionellen Wirtshaus. Auch wenn ich daheim nur ganz selten Bier trinke, so ist auf Tour das Feierabendbikerbier obligatorisch – jeweils 1-2 Dosen der regionalen Marke. Da staunt ihr, was?!
Die Streckenführung ergibt sich einerseits aus Zielen, die teilweise schon lange in meiner Reisewunschliste stehen und sich in dem angefahrenen Gebiet befinden. Andererseits plane ich auch ein paar Puffertage ein, um auf Tipps von Einheimischen oder Bikern reagieren zu können. Bis dato war ich konsequent oldschool unterwegs – anfangs mit großem Autoatlas in kleiner Schrift, später dann habe ich mir Zettel mit der jeweiligen Tagesroute geschrieben. Ich habe natürlich Google Maps auf dem Handy und kann im Notfall nachschauen, aber das Handy stets in der Tasche.
Nachdem ich eine Äquatorlänge (40.075 km) mit meiner Lady geschafft hatte, wollte ich mir doch etwas ‚Reiseluxus‘ gönnen. Die Lady bekam vor dieser Tour einen Handyhalter angebaut, an dem ich mein altes Handy ohne Karte für die Navigation nutzen wollte. Das vertrug jedoch die mediterranen Temperaturen nicht und hat sich bereits in Dubrovnik wegen Überhitzung verabschiedet. Ich habe mein Haupthandy natürlich nicht als Navi genutzt, weil ich dieses nicht auch noch der Hitze opfern wollte. Also, back to the roots!
Es gab noch weitere Herausforderungen:
- In den Nicht-EU-Ländern (13 Tage) hatte ich das Handy ausgeschaltet und nur temporär WLAN in den Unterkünften, an Tankstellen oder Gaststätten genutzt.
- An einer Tankstelle in Albanien funktionierte die Geldkarte nicht. Ich konnte mich erst am nächsten Tag mit meinem Sohn in Verbindung setzen, damit er mit der Bank Kontakt aufnimmt. Es lag zum Glück nicht an mir, einen Tag später klappte es wieder.
- Unterschiedliche Währungen und Mautsysteme
- Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse konnte die benötigte Fahrzeit für die angedachte Strecke nicht kalkuliert werden. Teilweise benötigte ich die doppelte Zeit.
Die schlechten Straßen haben der Lady und mir auch dermaßen zugesetzt, dass wir ein paar Federn gelassen haben:
- Rücklicht ausgefallen (ausgerechnet bei der Nachtfahrt über einen der spektakulärsten Pässe)
- Hitzeschutz war abvibriert, hing nur noch an einer Schraube und hat dermaßen laut geklappert, dass ich keine Hupe mehr gebraucht habe. Man hat uns sicher schon drei Dörfer vorher gehört.
- Einen Teil des Hitzeschutzes hatte ich auf der Abend-Runde durch die Meteora-Felsen verloren. Bei meiner Abschiedsrunde am nächsten Morgen habe ich das Teil wieder eingesammelt.
- Ein Spiegel war ebenfalls durch die Vibrationen angebrochen und hing nur noch an einer kleinen Ecke. Damit ich ihn nicht ganz verliere, habe ich ihn notdürftig mit einem Haargummi gesichert und am nächstgelegenen Haus um Hilfe gebeten. Der griechische Meister hat ihn festgeklebt und noch mit Tape gesichert.
- Das Profil der Reifen hatte stark gelitten, so dass ich die letzten 3 Tage nach Möglichkeit auf Mautstraßen gefahren bin, um noch mehr Schäden zu vermeiden.
- Meine Bikerstiefel hatte ich im vergangenen Jahr neu besohlen lassen. Das Profil des linken Schuhs ist wieder komplett abgerieben. Darüber hinaus haben sich an beiden Schuhen die Sohlen gelöst, so dass ich nicht mehr sicher rangieren konnte. Hatte noch etwas Tape vom Spiegel übrig und habe damit die Sohlen notdürftig festgeklebt.
Die Tour dauerte 19 Tage, an denen wir insgesamt 5.266 Kilometer gefahren sind. Die längste Tagesetappe betrug 459 Kilometer, die Kürzeste nur 10 Kilometer im Umfeld der Unterkunft zu Sehenswürdigkeiten.
Insgesamt hat die Lady 150 Liter Sprit geschluckt, was einen Durchschnittsverbrauch von 2,84 Litern pro Kilometer ausmacht. Da kann man doch nicht meckern!
Eine Antwort bin ich euch noch schuldig – Wie hoch sind die Kosten für diese Tour?
Das Essen habe ich nicht eingerechnet, da ich auf der Tour sogar noch weniger verbraucht habe als in einem vergleichbaren Zeitraum daheim.
- 246,- Euro Sprit (höchster Preis 1,89 in Griechenland, niedrigster Preis 1,30 in Bosnien)
- 464,- Euro Übernachtungen (teuerste mit 65,- in Österreich, billigste mit 14,- im Kosovo)
- 22,- Euro Maut (17,- in Ungarn, 5,- in Serbien)
- 10,- Euro Kfz-Versicherung für Kosovo
- 28,- Euro Eintrittsgelder (15,- Tunnel Visoko, 3,- Kloster Meteora, 10,- Schloss Eisgrub)
Alles in Allem sind das
770 Euro!!!
Ein echtes Schnäppchen, wenn man bedenkt, wie viel ich sehen und erleben durfte!
„Reich ist nicht der, der viel hat, sondern der, der wenig braucht.“
Reisen ist meine Leidenschaft! Auch wenn mich die Auswirkungen der Pandemie wirtschaftlich an meine Grenzen gebracht haben, so kann und will ich darauf nicht verzichten. Dafür verzichte ich allerdings gern auf Annehmlichkeiten wie z.B. Theater- oder Restaurantbesuche oder auf ein neues Paar Schuhe. Natürlich sind Fernziele momentan nicht drin, aber das ist nicht schlimm. Es gibt auch in der Umgebung so viele erreichbare Ziele, die denen auf anderen Kontinenten in nichts nachstehen und nur darauf warten, entdeckt und besucht zu werden. Es ist einfach nur eine Frage, wie man seine Prioritäten setzt und ob man bereit ist, für seine Träume zu kämpfen und seine Komfortzone zu verlassen.
„Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“
Ich wünsche Euch von Herzen, dass Ihr den Mut habt, Eure Komfortzone zu verlassen und stets Wege findet, um Eure Träume leben zu können!