Wenn eine weltweite Pandemie sowohl das globale als auch das persönliche Leben durcheinanderschüttelt, so merkt man schnell, dass nichts, was bisher als selbstverständlich angesehen wurde, auch selbstverständlich ist. Es ist für alle eine Grenzerfahrung.
Aus diesen Gedanken heraus entstand die Idee für Michi Münzbergs Motorradtour. Ursprünglich wollte sie mit ihrer ‚Lady‘ nach St. Petersburg fahren und dabei die baltischen Länder kennenlernen. Aber die immer wieder schwankenden Reiseregelungen hielten sie davon ab.
„Unsere Heimat hat so viele schöne und interessante Ecken – warum also nicht mal das eigene Land auf neuen Wegen erkunden, immer schön an der Grenze entlang!“
Wie bei jeder ihrer Touren startete Michi vom Wilthener Rathaus aus. Im Reisegepäck hatte sie nicht nur Zelt und Schlafsack, sondern auch Grußbotschaften ihres Bürgermeisters an seine Amtskollegen in den 4 ‚Zipfelorten‘ unseres Landes – Görlitz im Osten, List auf Sylt im Norden, Selfkant im Westen und Oberstdorf im Süden.
Auf ihrer Reise musste sich Michi verschiedenen Herausforderungen stellen. Da waren zum einen die Wetterkapriolen. In den ersten beiden Wochen regnete es nahezu jeden Tag. Zusammen mit dem stürmischen Wind in Küstennähe war dies eine gefährliche Kombination. Aber auch strahlender Sonnenschein und Sommerhitze kratzten an Michis Motivation, als sie in voller Montur am Walchensee im Stau stand, während 5 Meter weiter die Urlauber sich im kühlen Nass tummelten.
Wer sich für eine ‚RE Classic‘ entscheidet, entscheidet sich damit auch unweigerlich für einen eher klassischen Fahr- und Reisestil. Dazu gehört für Michis Verständnis u.a. auch der Verzicht auf ein Navigationsgerät. Jeden Morgen plante sie ihre Tagesstrecke und schrieb sich kleine Handzettel mit der Route. Da sie zumeist Landstraßen und Bundesstraßen nutzte und damit versuchte, weitestgehend jeden Zipfel der Grenze auszufahren, konnte sie nicht einschätzen, wie weit sie am jeweiligen Tag kommt. So konnte sie die Planung der Unterkünfte auch nur maximal für einen Tag im Voraus angehen. Meist organisierte sie sich ihre Unterkunft erst am späten Nachmittag. Die Herausforderung hierbei war das Budget. Aufgrund des Regens in den ersten Wochen hatte sie nur einmal gezeltet. Das hat ihre Reisekasse arg strapaziert. Also galt es, nicht nur eine Unterkunft zu finden, sie durfte auch eine gewisse Preisgrenze nicht übersteigen. Da musste sich Michi schon auf so manchen Kompromiss einlassen.
Eine weitere Herausforderung war das Gepäck. Durch ihre Reisen war sie es gewohnt, sich in persönlichen Dingen sehr zurückzuhalten. Bei einer Motorradtour jedoch kommen etliche Kilo Gepäck allein durch Zeltausrüstung, Schmiermittel und kleinere Ersatzteile, Funktionskleidung und Technik zusammen. Auf Tagesrucksack, beide Satteltaschen und die Gepäckrolle verteilt waren das um die 37 Kilo, die jeden Tag auf- und abgesattelt und in die Unterkünfte geschleppt werden mussten.
Doch all diese Fakten spiegeln nicht einmal ansatzweise die verschiedenen Facetten dieser Reise wider. Unzählige Begegnungen am Straßenrand haben Michi erfreut, verblüfft und berührt. Sie ist noch immer überwältigt von der Vielfalt der Landschaften, der Schönheit der Bauwerke und Kulturgüter, der Kunstfertigkeit der verschiedensten Handwerksgewerke, die unser Heimatland zu bieten hat. Aus vollster Überzeugung steht für sie fest:
„Ich habe mich wieder neu in meine Heimat verliebt!“