Wann wird die Blockade der Grenzen aufgehoben?
Das ist wohl die Frage, die die Menschen in Nepal am meisten beschäftigt. Vor zwei Wochen konnten wir alle noch drüber schmunzeln und unsere Witzchen machen. Wer glaubt denn ernsthaft, dass die Grenzblockaden über Wochen anhalten können???
Jetzt spüren wir alle hier, was diese Blockaden anrichten. Auch wenn mir das Touristenviertel Thamel auf Dauer zu laut und zu ‚westlich‘ ist, so bin ich noch immer hier und habe mich auf unbestimmte Zeit in einem kleinen Hotel einquartiert. Das ist strategisch am besten. Das Büro von Tashi ist gut zu Fuß zu erreichen und auch der Durbar Square und die lokalen Märkte sind noch halbwegs in Reichweite. So kann ich wenigstens hier meiner Arbeit nachgehen – mit Tashi mal den ganzen Bürokram aufarbeiten, die Schulen im Umkreis besuchen und mich mit einigen Patenkindern treffen.
Eigentlich wollten wir schon längst unterwegs zu den vom Erdbeben betroffenen Gebieten sein, um dort vor dem in wenigen Wochen eintretenden Winter noch so manches zu schaffen. Klar, wir könnten uns eines der wenigen noch fahrenden Taxis chartern, aber das würde eine dermaßen horrende Summe kosten, dass es einfach sinnlos wäre. Der Transport der Baumaterialien wäre letztendlich damit auch noch nicht bewerkstelligt.
Mir tun die Menschen in diesen Gebieten unendlich leid. Hofften sie doch alle, dass es nach dem Monsun gut vorangehen wird. Es müssen noch dringend wintertaugliche Hütten und sanitäre Einrichtungen gebaut werden. Wie sollen wir das bloß schaffen???
Auch wenn ich es hier in meiner Unterkunft noch nicht spüre, so werden die Lebensmittel knapp. Gas gibt es auch kaum noch. Etliche Hotels servieren nur noch Sandwiches und Salat. Viele kleine Restaurants mussten schon schließen. Zu den Essenszeiten wabern dicke Rauchfahnen durch die Gassen, da die Menschen sich offenen Feuerstellen angelegt haben. Die einzigen, die von der Situation profitieren, sind die Fahrradhändler. Aber mittlerweile sind die Preise auch hier in utopische Höhen gestiegen, so dass auch für mich ein Mountainbike unerschwinglich geworden ist. Wie soll es bloß weitergehen???
Die Medien bringen schon seit Tagen wohlklingende und hoffnungsfrohe Artikel, die das Ende der Blockade ankündigen. Aber meine Freunde haben mich aufgeklärt – dies sind alles Falschmeldungen, um die Menschen bei Laune zu halten und deeskalierend zu wirken. Was sollen wir nun glauben???
Ich habe viel über die Situation nachgedacht und mich mit meinen Freunden dazu ausgetauscht. Nepal ist zwar ein armes Land, aber so reich an natürlichen Ressourcen. Es gibt Wasser in Hülle und Fülle, die verschiedenen Klimazonen und Höhenlagen bieten eine abwechslungsreiche Vegetation und damit gute Bedingungen für die unterschiedlichsten Früchte, Reis und Gemüsesorten sowie Weideflächen für Vieh. So betrachtet, könnte doch das Land, zumindest was Lebensmittel betrifft, ohne Weiteres auf sich allein gestellt überleben. Oder etwa nicht???
Die Antwort, die ich darauf bekam, hat mich erschüttert! Indien weiß um die ‚natürliche Macht‘ Nepals und hat sich die Unwissenheit und Arglosigkeit der Menschen auf dem Land zunutze gemacht. Unter dem Deckmantel des Wohlwollens bot man den nepalesischen Bauern Chemikalien an, um die Erträge auf ihren Feldern zu optimieren. In Wirklichkeit haben aber genau diese Düngemittel das Gegenteil bewirkt. Die Pflanzen wuchsen zwar recht schnell, fielen dann aber regelrecht in sich zusammen, bevor es zur Ernte kommen konnte.
Was für eine verdammte Schweinerei!!!!!
Sorry, aber ein anderes Wort fällt mir dafür nicht ein. Leider habe ich im Internet nichts gefunden, was diese Fakten stützt. In diesem Fall vertraue ich einfach auf meinen Freund Chandra, der durch seine Arbeit als Fotograf und Filmemacher Zugang zu vielen Informationen und Kontakt zu den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen hat.