Die letzten Strahlen der Sonne tauchen die kolossale Sandsteinwand in ein warmes Licht. Weit oben greifen von Hand gehauene Gesteinsquader die naturgegebene Linie der Wand auf und enden, kronengleich, in einer Festungsmauer.
Egal wie oft ich diesen Ort besuche, er zieht mich immer wieder in seinen Bann. In meiner Kindheit waren es die Kanonen und die mystischen Kasematten, die mich faszinierten. Heute ist es der weite Blick übers Land sowie die Hochachtung vor der enormen körperlichen Anstrengung, die erforderlich war, diese majestätische Festung zu erbauen. Jedes Mal verharre ich einen Moment voller Ehrfurcht vor dieser Leistung, wenn ich sie besuche – die Festung Königstein.
Am vergangenen Samstag jedoch hatte ich nur wenig Sinn dafür. Aufgeregt wie ein Teenager vor dem Konzert der Lieblings-Boygroup fieberte ich dem Moment entgegen, als die Tore zur Festung geöffnet wurden. Auf dem Plateau angekommen lief ich zielstrebig zur Bühne… Und da sah ich IHN – bei der Tonprobe! Körperlich eher unscheinbar, und dennoch von einer enormen Präsenz.
In dem Moment dachte ich wieder daran, wie meine Begeisterung fürs Bergsteigen geweckt wurde. Mein Opa hatte ein paar alte Bücher über Gipfelabenteuer in den Alpen. Während mein Bruder sich eine Wäscheleine in Schlingen um den Körper legte und damit loszog, um sich vom nächsten Hügelchen ‚abzuseilen‘, suchte ich mir ein Versteck, wo ich diese Bücher ungestört ‚verschlingen‘ konnte. Schon damals standen nicht die Berge selbst im Fokus meines Interesses – konnte ich als Kind doch diese Dimensionen gar nicht ermessen – sondern vielmehr die abenteuerlichen Geschichten, die sich an ihren Flanken abspielten.
Kinder, Haushalt und Job ließen später nicht viel Freiraum. Nach und nach verblassten zwar die selbstgeschaffenen Bilder in meinem Kopf, wurden aber nie ganz ausgelöscht. Als ich vor einigen Jahren das erste Mal auf dem Gipfel eines Vulkanes auf Bali stand, erwachte diese Leidenschaft neu. Nun hatte ich auch wieder die Zeit dafür, meinen Träumen nachzugehen. Der Alpinismus und Bergtourismus hatte sich im Laufe der Zeit rasant weiterentwickelt. Was vor 100 Jahren nur einem elitärem Kreis von Abenteurern vorbehalten war, ist nun –theoretisch- nahezu für jeden möglich. Vorausgesetzt, man verfügt über die nötigen finanziellen Mittel und die körperliche Konstitution. Ich hab beides nicht! Aber das ist nicht weiter schlimm. Ich muss nicht unbedingt die höchsten Gipfel erklimmen, um den Zauber der Berge zu spüren und daraus Kraft zu tanken.
Durch meine Reisen nach Nepal habe ich einen kleinen Einblick in die Welt der ganz großen Berge bekommen. Erst jetzt kann ich wenigstens ansatzweise ermessen, welch großartige Leistung die Pioniere der Berge erbracht haben und über welch hohes Mass an physischen und mentalen Kräften sie verfügen müssen.
Einen Menschen verehre ich dabei besonders – Reinhold Messner.
Hat er doch im Jahr 1978 gemeinsam mit Peter Habeler als Erster den Gipfel des Mount Everests ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff erreicht. Diesen Erfolg führte er fort und ist auch der erste Mensch, dem dies auf allen 14 Gipfeln der Achttausender gelungen ist. Dabei blieb er stets seiner Philosophie treu und behandelte sowohl die Berge selbst als auch die dort lebenden Volksstämme voller Respekt.
Am Samstag hatte ich nun die Möglichkeit, ihm persönlich zu begegnen und während der Signierstunde kurz mit ihm zu sprechen. Für diesen Fall hatte ich mir im Vorfeld ein paar Worte bereitgelegt, die meinen Respekt ihm gegenüber und meine Hochachtung vor seiner Leistung angemessen zum Ausdruck bringen sollten. Als ich dann endlich vor ihm stand, bekam ich vor Aufregung kaum einen kompletten Satz heraus. Ich schaffte es gerade noch, ihm die Kata mit einem Gruß aus Nepal zu überreichen.
Kurz nachdem die Sonne untergegangen war, betrat Herr Messner die Bühne und nahm uns alle mit auf eine ganz besondere Reise, eine Reise durch Zeit und Raum, eine 70 Jahre dauernde Reise durch sein Leben und um die Welt.
Ein besonderer Höhepunkt war für mich der Moment, als Reinhold Messner gemeinsam mit Biwak-Moderator Thorsten Kutschke und der sächsischen Bergsteigerlegende Bernd Arnold, der durch unzählige und spektakuläre Erstbegehungen im Elbsandsteingebirge berühmt wurde, auf der Bühne stand.
Es war ein Abend der Superlative – ein Gipfel-Treffen, das für mich unvergesslich bleiben wird!
NAMASTE!