Als ich diese Tempelanlage vor zwei Jahren das erste Mal besuchte, hatte ich noch lange danach ziemlich gemischte Gefühle. Und auch heute geht es mir nicht anders. Mir war es allerdings wichtig, auch Tony diesen besonderen Platz zu zeigen.
Pashupatinath ist eine der bedeutendsten hinduistische Tempelanlagen in Nepal. Diese ist bekannt für seine Ghats, wo –genau wie in Indien am Ganges- die Gläubigen dieser Religion nach ihrem Tod verbrannt werden. Einer solchen Zeremonie konnten wir heute beiwohnen. Es fiel mir schwer, die Kamera auf das zu richten, was wir miterlebt haben. Aber ich denke, wenn ich dies mit dem entsprechenden Respekt den Toten und ihren Verwandten gegenüber tue, kann ich es vor mir selbst vertreten. Zumal mit solchen Bildern und Berichten das Verständnis für eine andere Kultur gewonnen werden kann.
Für einen gläubigen Hindu ist es das höchste Ziel, nach seinem Tod am heiligen Bagmati-Fluß verbrannt zu werden und seine Asche dem Wasser zu überlassen.
Die engsten männlichen Verwandten, meist die Söhne, bringen die Verstorbenen zu einer Stelle am Fluss, wo sie mit den Füßen im Wasser aufgebahrt werden. Der Leichnam wird mit dem heiligen Wasser besprengt, also symbolisch gewaschen, und mit Blütenkränzen geschmückt. Dies ist der Moment, wo die Seele den Körper verläßt. Danach werden Ohren, Nase und Mund mit Watte verschlossen, damit keine Dämonen mehr eindringen können.
Nun wird der Leichnam zu einem der zehn Verbrennungsplätzen gebracht, wo von einem Helfer bereits eine Art Scheiterhaufen vorbereitet wurde. Nachdem die Träger mit dem Toten diesen Platz umkreist haben, wird dieser auf dem Holzhaufen abgelegt und mit Stroh bedeckt. Während zumeist der älteste Sohn das Feuer entzündet, wird der Leichnam mit mehreren Schichten Holz bedeckt. Die männlichen Verwandten bleiben in unmittelbarer Nähe des Feuers, während die Frauen diese Zeremonie von einem entfernteren Platz aus verfolgen.
Nachdem das Feuer verloschen ist, wird die Asche und die möglicherweise verbliebenen Reste der Gebeine direkt dem Heiligen Fluss und somit dem Kreislauf der Natur übergeben. Als Zeichen der Trauer wird den Söhnen das Kopfhaar bis auf ein kleines Haarbüschel am Oberkopf abrasiert. Ab diesem Zeitpunkt tragen die Söhne der Verstorbenen ein ganzes Jahr lang nur weiße Kleidung und dürfen sich das Haarbüschel auch nicht abschneiden oder den nachwachsenden Haaren anpassen.
Für die Hindus bedeutet der Tod nicht das Ende, sondern die Chance auf eine Wiedergeburt und somit der Eintritt in ein neues Leben. Deshalb sind die Zeremonien nicht geprägt von Wehklagen und Tränen, sondern von einer gewissen festlichen Leichtigkeit.
Aus Respekt vor den Verstorbenen werde ich diese Bilder nicht im Internet veröffentlichen, sondern nur bei ausgewählten Vorträgen zeigen.