Dschungelkinder

Es heißt nicht umsonst, dass man von Zeit zu Zeit die Welt durch Kinderaugen sehen sollte. Hätte ich mir einen professionellen Guide genommen, wäre meine morgendliche Expedition mit Sicherheit nur halb so spannend und schön geworden.

Etwas später als gewohnt machte ich mich heute zu meinem Morning Walk auf den Weg, denn ich wollte verschiedene Blüten bei gutem Licht fotografieren. Als ich das Dorf hinter mir gelassen hatte, begegneten mir drei  Buben, welche mich wie eine alte Bekannte grüßten und mich um Geld baten. So schwer es mir anfangs immer gefallen ist, den Kindern diese Bitte nicht zu erfüllen, so froh bin ich mittlerweile über meine Konsequenz. Da unterstütze ich die Kinder lieber auf andere Weise als dazu beizutragen, dass die nächste Generation Bettler heranwächst.

Heute mußte ich nicht mal zu einer Notlüge greifen! Ich erklärte den Jungs, dass ich nur eine Runde laufen will und deshalb kein Geld dabei habe. Sie fragten mich natürlich auch gleich, ganz wie es in Nepal Sitte ist, nach dem Ziel meines Spaziergangs aus. Als ich ihnen sagte, dass ich zum Army Camp hoch in den Hügeln will, waren sie natürlich gleich Feuer und Flamme und schlossen sich mir an. Als ich ihnen dann noch die Schlangenhaut zeigte, die ich gestern entdeckt hatte, gabs kein Halten mehr.

Sie posierten vor meiner Kamera wie die kleinen Forscher mit ihrer Trophäe und erzählten mir, dass es ganz selten ist, dass man soetwas findet. Es war so schön, ihren Hinweisen in der Natur zu folgen. Hier ein Schlangenloch, da eine besonders schöne Spinne, die Adler hoch über uns… aber auch auf viele Pflanzen und giftige Früchte wiesen sie mich hin, die ich alle fotografieren musste. Sie zeigten mir, wie man eine Krabbe fängt, wir schaukelten ausgelassen (die Kinder) oder verkrampft (ich) an den Lianen, wir lauschten den verschiedenen Vögeln…

Die Jungs überraschten mich immer wieder mit ihrem Wissen. Ganz witzig fand ich ihre Erklärung, dass ‚diese Schlangen-Blume da!!!‘ (der giftige Aronstab) verschiedenen Schlangen als Nahrung dient. In Europa hingegen verwendete man im Mittelalter den Aronstab zur Abwehr von Schlangen. Wer hat nun Recht?

Als Krönung unserer kleinen Expedition buddelten die Buben junge Farne aus, um in deren Wurzelwerk nach kleine hellen Kugeln zu suchen. Diese sehen fast aus wie Stachelbeeren und stillen wunderbar den Durst. Kannte ich bisher auch noch nicht!

Die Zeit verging wie im Fluge. Als wir auf dem Rückweg waren, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Noch nie zuvor hab ich einen Spaziergang so genossen. Auch den Jungs hat es super gefallen und so verabredeten wir uns gleich nochmal für die nächsten Tage. Da werde ich Proviant und ausreichend Wasser einpacken und mich einfach von meinen kleinen Guides führen lassen.

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