Starke Menschen

Noch immer schwirren diese Bilder durch meinen Kopf und ich kann sie schwer verdrängen.

Heute morgen charterten wir uns ein Taxi und machten uns auf den Weg Richtung Gokarna.  Wir wollten uns mit dem Patenkind einer Nepal-Freundin treffen, um mit ihr über ihre Zukunft zu sprechen. Dieses junge Mädchen hat dieses Jahr die Schule erfolgreich abgeschlossen und möchte eine Berufsausbildung machen. Da sie weder Eltern noch nahestehende Verwandte hat, ist sie auf Unterstützung angewiesen.

Es hat mich sehr beeindruckt, wie sie ihr bisheriges Leben gemeistert hat. Durch kleine Jobs finanziert sie die Miete für ihre Unterkunft. Diese erreichten wir auf einem schmalen Pfad, der vom Monsunregen in eine Schlammbahn verwandelt worden war. Was sie uns bescheiden und doch voller Stolz als ihre ‚Wohnung‘ präsentierte, war nichts weiter als ein kleines Zimmerchen mit undichtem Dach. Ihr Bett war mit einer Plasikmatte abgedeckt, um das von der Decke tropfenden Wasser fernzuhalten. Ihr weniges Hab und Gut hat sie ordentlich in Plastiktüten verstaut und an der rohen Wand aufgehängt. Neben dem Bett ist ein kleiner Tisch das einzige Mobiliar, worauf ihre Schulbücher und etwas Geschirr ihren Platz gefunden haben. Auf einem kleinen Gaskocher bereitet sie ihre tägliche Ration Reis zu.

Auch das äußere Umfeld zeigte sich genauso trostlos. Die Frau, die ihr das Zimmer zur Verfügung stellt,  hat vor zwei Monaten ihren Mann verloren und lebt mit ihrer achtjährigen Tochter in einem ähnlichen Raum nebenan. Trotz Regen saß die Wohngemeinshaft unter einer notdürftigen Überdachung neben dem Gebäude, wo sie ihren Lebensunterhalt durch Garnwickeln für eine Teppichfabrik verdienten. Im Hof stand ein Wassertank, der Badezimmer, Waschhaus und Spülstein gleichermaßen bildete.

Ich habe schon viel Armut hier gesehen. Und trotzdem berührt und beschämt es mich jedesmal aufs Neue, wenn ich damit so eng konfrontiert werde. Ich werde mir in den nächsten Tagen mit einheimischen Freunden Gedanken machen, welche Art der Unterstützung sinnvoll ist. Aber eins steht jetzt schon fest – diesen Menschen möchte ich helfen!

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